TRAUMATHERAPIE
Traumatherapie ist eine spezielle Form der Psychotherapie, die entwickelt wurde, um traumatisierten Menschen gezielt zu helfen.
Ziel ist die Linderung oder die vollständige Auflösung der Symptome. Zuerst wird daran gearbeitet, dass man sich zuerst wohler, stabiler und stärker fühlt; erst dann kann damit begonnen werden, sich mit früheren Ereignissen auseinandersetzen, um die schmerzhaften Gefühle zu reduzieren oder – im Optimalfall – vollständig zu überwinden.
WAS IST EIN TRAUMA?
Ein Psychotrauma ist die Folge entweder eines einzelnen traumatisierenden Ereignisses (Monotrauma), in der für eine gewisse Zeitspanne weder eine Flucht noch ein Kampf möglich war (wie z.B. ein Autounfall, ein Erdbeben, ein Raubüberfall, eine größere Operation mit Komplikationen, usw.), oder das andauernde Einwirken extrem belastender Lebenssituationen als Komplextrauma, also wiederholte oder über lange Zeit andauernde Traumatisierungen (wie z.B. anhaltender sexueller Missbrauch, Gewalterfahrungen in der Kindheit durch die Eltern, Krieg oder Gefangenschaft, usw.).
Zentral für die Entstehung von Traumata ist die fehlende Entlastung während des traumatisierenden Ereignisses und eine fehlende, hilfreiche Unterstützung nach dem Trauma. Im Zentrum steht die Angst, in der Regel verknüpft mit der Erfahrung von völliger Hilflosigkeit und dem Gefühl, ausgeliefert zu sein.
Dies erschüttert das eigene Selbstvertrauen und auch das Vertrauen in andere Menschen, ganz besonders bei Missbrauch und Gewalt. Wenn tragende Grundregeln der Welt wie Sicherheit, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, usw. nicht mehr gelten, kann ein Gefühl einer andauernden Entfremdung und eines tiefen Ärgers über die Ungerechtigkeit der Welt und des Lebens überhaupt entstehen. Bedauerlicherweise wird den Opfern von Gewalt oft – besonders bei sexualisierter Gewalt – eingeredet, sie seien selbst schuld daran, dass diese Situation bzw. dieses Ereignis überhaupt entstanden ist.
Die Opfer reagieren darauf mit einem tiefen Gefühl von Scham, Selbstverurteilung und Rückzug. Die häufigsten Konsequenzen einer durch Menschen verursachten Traumatisierung sind erhöhte Ängstlichkeit, Rückzug aus sozialen Kontakten und meist die Schwierigkeit, sich in alltäglichen Situationen mit anderen Menschen normal zu verhalten und im Berufsleben die erforderlichen Leistungen zu bringen.
Unterbrochene Schul- und Berufskarrieren sind leider oft die Folge von unbehandeltem Trauma. Aber nicht alle schweren Belastungen führen zu einer Traumatisierung und nicht jeder Mensch, der mit einem oder mehreren traumatischen Erlebnissen konfrontiert ist, entwickelt eine solche sogenannte posttraumatischen Belastungsstörung. Einmal sind Menschen unterschiedlich belastbar, zum anderen sind die Lebensumstände unmittelbar nach der traumatischen Situation entscheidend dabei, ob ein Trauma spontan verheilen kann oder nicht. Allerdings, je mehr traumatische Erlebnisse ein Mensch hat, umso wahrscheinlicher wird es, dass er eine posttraumatische Belastungsstörung, also eine Traumafolgestörung entwickelt.
Was für einen Menschen eine extreme, belastende Erfahrung ist, könnte für einen anderen, der in diesem Moment widerstandsfähiger ist, einfach nur zu einem unangenehmen Erlebnis werden.
Also, nicht das Ereignis an sich wird zum Trauma, sondern die physiologische Reaktion darauf, die zu einer dissoziierten Verkrampfung im Unbewussten der Psyche und im Körper führen kann.
Weil die Impulse auf der Ebene des Stammhirns und nicht im limbischen System isoliert und eingefroren sind, haben wir keine eindeutige Empfindung für die traumatische Verkrampfung oder Erstarrung. So kann es passieren, dass Menschen 10 oder gar 20 Jahre lang nicht merken, dass sie traumatisiert sind. Unser autonomes Nervensystem ist in der Lage, einen Trauma- Komplex so zu isolieren und abzuspalten, dass wir vom Trauma nur unterschwellig eingeschränkt werden. Sinn der Sache?
Durch die Fähigkeit einer Abspaltung versetzt uns das Nervensystem unmerklich in die Lage, weiterhin einsatzfähig zu sein. Wenn man sich vor Augen hält, dass durch ein Trauma in einer tiefen Schicht des Organismus ein „Stau“ entstanden ist, dann wird es gut vorstellbar, dass der Fluss der Lebensenergie vom Grunde her gedrosselt ist, obwohl unser Gehirn diesen „Stau“ so gut wie möglich zu umgehen versucht, indem es sich ausgleichend umorganisiert.
SYMPTOME, DIE UNTER ANDEREM
MIT TRAUMATISIERUNG IN ZUSAMMENHANG STEHEN KÖNNEN:
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Angstzustände
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Panikattacken
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Wutausbrüche
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Übererregbarkeit
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immer wiederkehrende Erinnerungen an belastende Ereignisse
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Vermeidung von Situationen, Orten und Menschen, die mit dem auslösenden
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Ereignis in Verbindung stehen könnten
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Misstrauen, überhöhte Kränkbarkeit (Dünnhäutigkeit)
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chronische Erschöpfung und Schlafstörungen
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„Ausgebranntsein“
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Konzentrationsschwierigkeiten
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Desorientiertheit, Gedächtnislücken
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Gefühl der Lähmung, Erstarrung
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Schmerzzustände ohne organische Ursachen
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Übervorsichtigkeit oder Apathie
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Gefühle der Ohnmacht, körperliche Ohnmachtsanfälle
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Ablenkungswut oder Rückzugstendenz
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Anfälligkeit für Unfälle oder Missgeschicke
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Entwicklung von Suchtverhalten als Versuch der Selbstmedikation
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chronische Beziehungsprobleme
Da im Trauma die hochgeladenen Informationen verschlüsselt und isoliert sind, werden in der Therapie zunächst die verborgenen, komplexen Zusammenhänge im Körper wahrgenommen und ihnen die Erlaubnis gegeben sich zu entladen und aufzulösen.
Wir haben immer einen guten Grund, warum wir das bis jetzt noch nicht aufgelöst haben! Ein Trauma entsteht, weil das Nervensystem mit traumatisierenden Ereignissen überfordert war. Sich immer wieder mit den Menschen oder Umständen zu konfrontieren, die das Trauma ausgelöst haben, halte ich für kontraproduktiv.
Anders gesagt, die harte Tour kann kurze Erfolge bringen, nicht aber die dauerhafte Heilung. Grundsätzlich ist es besser, dem Organismus sanfte Anreize zu vermitteln, um stufenweise eine Lösung zu erreichen und die Blockaden so aufzulösen, damit eine Entspannung auf allen Ebenen erfolgen kann.
Strukturell gesehen sitzt das Trauma im Gehirn und manifestiert sich über das Nervensystem in körperlichen Verspannungen und Dysfunktionen.
Physiologisch gesehen braucht unser Organismus einen besseren inneren Druckausgleich, wie Wasser einem Gefälle folgt, um dadurch in Fluss zu bleiben.
Die anfangs noch diffusen körperlichen Spannungen beginnen in den Therapiesitzungen konkret wahrnehmbar zu werden, und die in Muskeln und Gewebe fixierten Trauma- Abdrücke beginnen sich zu lockern, so, als wäre z.B. ein Eisblock geschmolzen. Vereinfacht kann man sagen, dass es in der Traumatherapie auch um einen entladenden Ausgleich geht, den das Nervensystem wegen seiner schützenden Funktion – bisher – nicht geschafft hat.
Im Wesentlichen gliedert sich eine Traumatherapie in drei Phasen:
1. Stabilisierungsphase
In der Stabilisierungsphase wird das Gefühl der Sicherheit in der Welt, soweit es möglich ist hergestellt. Zentral dabei ist der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung.
2. Traumabearbeitungsphase
In dieser Phase wird die emotionale Verknüpfung zwischen den aktuellen Gefühlen und den Gefühlen und Bildern aus dem traumatisierenden Ereignis behandelt. Die derzeit am häufigsten eingesetzten Techniken, um eine Entkopplung bzw. Verarbeitung zu erzielen, sind EDxTM (Energy Diagnostic & Treatment Methods), EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) sowie Brainspotting. Aber auch andere Ansätze wie imaginative Techniken und auch körperorientierte Ansätze wie die Energetische Psychologie nach Dr. Gallo kommen zum Einsatz.
3. Integrationsphase
In der Integrationsphase geht es um die Einordung dieser therapeutischen Erfahrungen der ersten beiden Phasen in den Alltag und um eine weitere Stabilisierung.
THERAPIEVORAUSSETZUNGEN
Für das Gelingen einer Traumatherapie sind folgende Bedingungen förderlich:
Stabilität:
Die äußeren Lebensumstände sollten in Bezug auf Finanzen, Wohnsituation und
Beziehungen hinreichend stabil sein, so dass eine Auseinandersetzung mit den
eigenen Themen nicht erschwert wird. Eine gewisse innere Stabilität ist ebenso
erforderlich.
Sicherheit:
Die traumatisierenden Bedingungen sollten in der Vergangenheit liegen. Wenn die
Bedrohung durch Gewalt noch anhält, ist eine direkte Arbeit am Trauma nicht
möglich – mit der Stabilisierung kann aber schon einmal begonnen werden.
Kontinuität:
Es können Akuttraumata ohne frühere Belastungen oft in wenigen Sitzungen
bewältigt werden. Die Praxis zeigt aber, dass eher solche Menschen eine
Behandlung aufsuchen, bei denen die akuten Ereignisse oder Belastungen mit
früheren Traumatisierungen in Verbindung stehen, auch wenn diese in Vergessenheit
geraten scheinen. Daher braucht eine gute Therapie die Zeit, die es braucht, und die
Dauer lässt sich vorher seriös nicht bestimmen, denn ohne tiefere Aufarbeitung
kommt die nächste Krise bestimmt. Also sollte die Bereitschaft bestehen, über eine
möglicherweise längere Zeit regelmäßig Therapie zu machen, um an die Wurzeln der
Probleme zu kommen.
Vertrauen:
Gerade wenn die Wurzeln der Probleme in zwischenmenschlicher Gewalt liegen, fällt
es schwer, Vertrauen zu fassen. Jedoch sollte im Rahmen des Möglichen das Gefühl
da sein, mit dem/der TherapeutIn eine sichere und offene Beziehung aufbauen zu
können.